Meine Nachmittage mit Eva: Über Leben nach Auschwitz – Bärbel Schäfer

Meine Nachmittag mit Eva: Über Leben nach Auschwitz - Bärbel Schäfer

Die Handlung

Jeden besucht Bärbel Schäfer ihre Freundin, die mittlerweile 85-jährige Eva Szepesi. Eva war 11 Jahre als sie nach Auschwitz deportiert wurde. „Zwei Frauen – Zwei Generationen – Zwei Welten“

Bärbel Schäfer setzt die Erlebnis von Eva Szepesi in Auschwitz und danach mit ihrem eigenen Leben in Beziehung.

Meine Meinung

Bärbel Schäfer ist vielen vielleicht aus ihrer gleichnamigen Talkshow bekannt, die von 1995 bis 2002 in RTL lief.

Wer sich hier ein Buch erwartet, in dem er etwas über Auschwitz, das Leben dort und vor allem das Leben danach erwartet, ist fehl am Platz. Denn das Leben von Eva Szepesi wird nur angerissen und von Bärbel Schäfers Selbstdarstellungsdrang in den Hintergrund gedrängt.

Bärbel Schäfer stellt sich als höchst unsymphatische, egozentrische Person dar. Eine Person, die alles besser weiß und die Fähigkeit verloren hat, die schönen Dinge im Leben zu sehen. So berichtet Bärbel von ihrem Besuch in Krakau und ihrem Ausflug nach Auschwitz. Völlig irrelevant für die eigentliche Erzählung berichtet sie von ihrem Hotel in Krakau. Ich selbst war bereits in Krakau und möchte diese trostlose, graue Beschreibung für eine wunderschöne Stadt nicht so stehen lassen.

Meine Nachmittag mit Eva: Über Leben nach Auschwitz - Bärbel Schäfer

Anstatt uns über ihre Gespräche mit Eva zu erzählen schweift Bärbel Schäfer regelmäßig ab. So beispielsweise im Kapitel „Orange“ in dem sie von einer Freundin erzählt, die Orangen liebt, sich liebend gerne in orange kleidet und den niederländischen Oranje-Tag zelebriert.

Bärbel Schäfer findet in den Habseligkeiten ihrer Großmutter ein Mutterkreuz. Seit diesem Moment ist sie überzeugt aus einer Nazi-Familie zu stammen. Dabei gibt es für sie lediglich schwarz und weiß. Sie verurteilt ihre Familie zutiefst.

„Ich schäme mich, dass ihre die Shoa nicht verhindert habt.“
Seite 129

Sie wirft ihrer Familie vor zu schweigen und nicht über die Ereignisse zu sprechen wollen. Ich will die Nazis in keinster Weise schützen. Alle Deutschen, die zu der damaligen Zeit gelebt haben unter Generalverdacht zu stellen, ist dennoch falsch. Was waren die Alternativen wenn man nicht mitgemacht hat? Wie war die damalige Informationslage des Einzelnen? Im Nachhinein lässt sich leicht reden.

Bei Erlebnissen die so schrecklich sind, dass man sie sich nicht mal vorstellen möchte, bauen Menschen oftmals eine Schutzmauer um sich. Eine kleine Truhe in ihrem Inneren, in die all das Schreckliche gepackt wird und die gut verschlossen wird. So haben es Eva und ihr Mann, der Dachau überlebte, nie über ihre Erlebnisse gesprochen. 5 Jahrzehnte hat Eva geschwiegen. Ein nachvollziehbares Verhalten, wie auch Bärbel Schäfer schreibt. Die eigene Familie verurteilt sie jedoch aufgrund ihres Schweigens.

Wenn ich dann die Geschichte ihres Onkels lese, der nach dem Krieg versucht hat sich ohne Betäubung die SS-Runen aus dem Arm zu schneiden, bin ich überzeugt, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt. Wie kam es dazu, dass ihr Onkel in die SS kam? Wie sah sein Leben davor aus? Welche Informationslage und  Alternativen hatte er? Wie hat er sich zu seiner Zeit in der SS verhalten?

Bärbel Schäfer hat den Politiker Michel Friedman geheiratet. Für ihn ist sie zum Judentum konvertiert. Mehrfach betont Bärbel Schäfer in dem Buch, dass sie nicht religiös ist. Ich stelle mir Frage warum man bewusst im Erwachsenenalter zu einer Religion konvertiert, wenn man diese dann nicht ausübt und auch nicht gläubig ist?

Es klingt als habe Bärbel Schäfer die Absolution für sich und ihre Familie durch diese Konvertierung erhalten. Ich hatte das Gefühl Bärbel Schäfer sieht sich nun, als Jüdin, als einen besseren Menschen.

Ihre Schwiegereltern lernte Bärbel Schäfer nie kennen. Die beiden jüdischen Polen aus Krakau überlebten den Zweiten Weltkrieg dank Oskar Schindler. Während Bärbel Schäfer ihre eigenen Eltern für ihr Deutschsein verurteil, verehrt und verherrlicht sie ihre Schwiegereltern. Regelmäßig besucht sie alleine das Grab ihrer Schwiegereltern und erzählt ihnen von ihren Alttagsproblemen. An ein Graben von Menschen zu pilgern, die ich nie kennen gelernt habe, kann ich nicht nachvollziehen.

Fazit

★☆☆☆☆

„Meine Nachmittag mit Eva: Über Leben nach Auschwitz“ beschäftigt sich lediglich zu 10% mit Eva Szepesi. Zu 90% ist das Buch eine egozentrische Darstellung von Bärbel Schäfer die nach ihrer Konvertierung zu Judentum ein besserer Mensch ist. Eine selbstverherrlichende Darstellung, die die Dame zu höchst unsympathisch macht.

Liest man das letzte Kapitel „Brief an meine Söhne“ in dem sich Bärbel Schäfer wünscht, dass ihren Söhne nie etwas Böses geschieht und sie ihnen „Träume zwischen bunten Kuscheltieren“ und „supermann-starke-Superkräfte, Wasserhähne , aus denen Milkshakes fließen“ wünscht und hält sich zeitgleich die Affäre rund um ihren Ehemann (Dorgen- und Menschenhandel) vor Augen möchte man kotzen. Diese Scheinheiligkeit und Selbstverherrlichung, dieses „Ich bin jetzt Jüdin und somit Opfer“-Gebaren ist widerlich. Die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs werden missbraucht, um sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.

Das Gütersloher Verlagshaus hat mir über das Bloggerportal ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

3 Replies to “Meine Nachmittage mit Eva: Über Leben nach Auschwitz – Bärbel Schäfer”

  1. Buchbahnhof says: Februar 17, 2018 at 6:40 pm

    Guten Abend,
    Danke, dass du mich vor einem Fehlkauf bewahrt hast. Als ich das Cover sah und den Klappentext las, da dachte ich: Das muss ich haben. Jetzt, nachdem ich deine Rezension gelesen habe, weiß ich, dass ich das Buch ganz sicher nicht lesen werde. Schade, wenn sich diejenige, die eigentlich nur interviewen und die Geschichte erzählen soll, derart in den Vordergrund drängt.

    Außerdem möchte ich dir auch zustimmen bei dem, was du zu schwarz/weiß sagst. Es ist nicht schwarz/weiß, sondern es sind ganz viele Grautöne dazwischen. Wir alle waren damals nicht dabei, wir wissen nicht, welche Beweggründe Menschen hatten das zu tun, was sie getan haben und wir wissen ganz sicher nicht, wie wir uns verhalten hätten. Aus unserer heutigen Sicht ist es total leicht, sich hinzustellen und zu sagen: Ich hätte nicht mitgemacht, ich hätte mich gegen die Nazis aufgelehnt. Hätten wir das wirklich? Hätten wir den Mut gehabt? Ich weiß es für mich nicht, ich bin kein mutiger Mensch, der sich auflehnt. Ich würde meine Hand da für mich nicht ins Feuer legen. Aber, wir haben derzeit (leider) die Gelegenheit zu beweisen, dass es mit uns nicht so weit kommt, wie mit unserer Urgroßelterngeneration. Ob wir es schaffen? Wir werden es sehen.

    Meine Großtante hat mal erzählt, dass ihr Vater, also mein Urgroßvater auch in die Partei eingetreten ist. Er hatte 4 Kinder und sein einziges Bestreben war, sich und seine Familie durch diese Zeit zu bringen. Möglichst heil und möglichst ohne aufzufallen. Klar kann man das kritisieren, aber ich habe auch ein Stück weit Verständnis dafür. Er war ein ganz normaler Bauer hier auf dem Land. Er war kein Widerstandskämpfer, sondern er hat versucht das zu tun, was notwendig war um seine Familie zu schützen. Ich denke, dass es viele so gemacht haben. Wie gesagt, ich denke nicht, dass man mit reinem schwarz/weiß-Denken da weiterkommt.
    Viele liebe Grüße
    Yvonne

  2. admin-lesefreude says: Februar 18, 2018 at 5:39 pm

    Hallo Yvonne!

    Vielen Dank für deine persönliche Geschichte. Wie schon die Geschichte deines Urgroßvaters andeutet, war die Alternative manchmal nur die eigene Familie in Gefahr zu bringen oder selbst in einem Lager zu landen. Dass man dann Dinge gegen seine Überzeugung tut, kann ich sogar nachvollziehen, wenn auch nicht gut heißen.

    Da ich nun schon mehrere Bücher zu dieser Thematik gelesen habe und so viele Schicksale kennengelernt habe, weiß ich dass es manchmal wirklich nicht einfach war sich aufzulehnen.

    Da ich es selbst nicht besser ausdrücken könnte, hier ein Zitat aus „Der Letzte von uns“ von Adélaïde de Clermont-Tonnerre:
    „Im Nachhinein ist es meist leicht, den richtigen Weg zu erkennen, doch entscheiden muss man mitten im Geschehen.“

    Liebe Grüße
    Sabrina

    1. Buchbahnhof says: Februar 18, 2018 at 5:40 pm

      Hallo Sabrina,
      ein interressantes Zitat, in dem viel Wahrheit steckt.
      LG
      Yvonne

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