Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft – Christoph Ruf

Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft - Christoph Ruf

Der Inhalt

Strahlend und glitzernd ist sie, die Fassade des Profifußballs. Doch dahinter brodelt es gehörig. Amateurvereine fühlen sich vom Verband im Stich gelassen, Kommerzialisierung steht im Vordergrund und der Unmut der Fans wird immer lauter. Christoph Ruf spricht mit Fans, Funktionären und Trainern.  Er zeigt die Probleme und Herausforderungen vor denen der (deutsche) Fußball steht.

Meine Meinung

Christoph Ruf beginnt „Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft“ mit einer kleinen Einführung hinsichtlich dem System der Ligen, den Auf- und Abstiegsregeln und zeigt warum es immer unmöglicher wird sich einerseits hinauf zu spielen und andererseits ein Abstieg einem Todesstoß für den Verein gleichkommt. Die Blase droht zu platzen.

Nachhaltiges und sinnvolles Wirtschaften ist nur mehr einigen wenigen großen Platzhirschen möglich. Die Budgetbeträge, die man als Verein jährlich aufwenden muss, um in der Bundesliga auch nur halbwegs sinnvoll mitspielen zu können, sind schier jeder Vorstellungskraft. Ein bisschen erinnert mich das Ganze an DKT spielen. Irgendwann gerät ein Spieler in die Vormachtstellung und lässt auf die Kosten der anderen diese langsam ausbluten.

Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verliert - Christoph Ruf

Anhand von konkreten Beispielen von Vereinen – Schalke 04, SC Freiburg, FC St. Pauli, VFC Plauen, Rot Weiß Oberhausen, 1860 München und vielen mehr – gibt der Autor ein umfassendes Bild. Der Leser versteht, wie es überhaupt zu diesem Wahnsinn kommen konnte. Warum sich die Blase immer weiter bläht. Einst Volkssport ohne großen Kommerzialisierung– und Gewinngedanken ist aus Fußball ein riesiges Business geworden. Selbst in den untersten Ligen sind Funktionäre mit Management-Fähigkeiten notwendig, damit am Wochenende 22 Menschen einem Ball nachlaufen können, und ein- oder zweihundert Menschen zuschauen, die Bierchen chillen, plaudern und einer gemeinsamen Leidenschaft frönen. Der ursprüngliche Gedanke hinter einem Vereinskonstrukt spielt schon lange keine Rolle mehr.

Die Fankultur darf in einem derartigen Buch natürlich auch nicht fehlen. Immerhin sind es die Fans, die durch Kauf von Eintrittskarten und Merchandising-Artikeln Geld in die Vereinskasse spülen. Doch auch für die horrenden TV-Einnahmen (mit ein Grund für die missliche Lage) sind Fans landes- oder sogar weltweit notwendig. Anstatt sich mit Freunden zu treffen, gemeinsam eine schöne Zeit am Platz zu verbringen und seine Mannschaft zum Sieg zu schreien, bleiben die Menschen zu Hause, alleine in den eigenen vier Wänden und sehen sich die Spiele einiger weniger großen Vereine an. Die sozialen Komponenten gehen damit mehr und mehr verloren.

Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft - Christoph Ruf

Und damit noch nicht genug. Die, die es noch wagen ins Stadion zu gehen und dort mit lauten Anfeuerungsrufen und Fahnen für Stimmung zu sorgen, werden wie Schwerverbrecher behandelt. Nur wer brav sitzen bleibt und sich ruhig verhält ist in den großen Stadien gerne gesehen. Ein Fußballstadion ist kein Theatersaal. Und ja, trotz allem müssen gewisse Regeln und Grenzen von jedem in und um ein Stadion beachtet werden. So wie es überall, egal ob in der Arbeit, im Park, der U-Bahn oder sonst wo gewisse Verhaltensregeln gibt, die einzuhalten sind.

Das Fazit

★★★★★

Christoph Ruf zeigt in „Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft“ eindrucksvoll die verzwickte Situation. Mit konkreten Beispielen hinterlegt, ist das sehr griffig und anschaulich. Der Leser wird gut abgeholt und bekommt so Verständnis für die berstende Blase.  Lösungsansätze bietet der Autor nicht wirklich. Doch das wäre auch zu viel verlangt.

„Fieberwahn“ ist 2018 erschienen. Liest man das Buch, versteht man warum Vereine und dabei vor allem auch einige große jetzt mit dem Trainings- und Spielverbot aufgrund von Corona derartig schnell, nicht nur in sportliche sondern auch wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Spannend bleibt ob sich nun etwas ändern wird oder man bald schon in den alten Trotz zurückfällt. Die Krise ist definitiv eine Chance, um Werte zu überdenken und die Basis wieder stärker in den Fokus zu rücken oder zu erneuern.

2 Replies to “Fieberwahn: Wie der Fußball seine Basis verkauft – Christoph Ruf”

  1. Florian says: April 18, 2020 at 11:31 am

    Ich habe zum Thema Fußball und Kommerzialisierung wahrscheinlich eine andere Meinung als der Autor.
    Schon 1900 und früher wechselten Spieler für Geld und Gehalt den Verein. Im Amateurbereich haben die Teams die besten Spieler, die im Dorf einen wohlhabenden Gönner haben. Im Fußball hat auf allen Ebenen seit jeher das Geld eine Rolle gespielt. Zu denken, dass es nicht so war, ist romantisch, aber wahrscheinlich falsch.
    Den Profifußball muss man ganz einfach als das sehen, was er ist: Ein Entertainment-Business und Teil der Unterhaltungsbranche, genauso wie Hollywood.
    Die Fans machen diese Entwicklung mit, deshalb frage ich mich auch, ob man sie wirklich rein als Betroffene hinstellen muss.

    1. lesefreude says: April 18, 2020 at 2:15 pm

      Hallo Florian!

      Geld hat schon immer die Welt regiert und ich denke nicht, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Das ist leider so. Vereine mit mehr Geld können ihren Spielern selbst im Amateurbereich „mehr“ bieten – sei es Geld oder beispielsweise Sauna, eigener Fitnessraum und Co. Wenn vielleicht auch etwas romantisch, denke ich, dass dieses „mehr“ aber auch eine Kultur, ein wertschätzender Umgang, einfach eine besonders leiwande Atmosphäre sein kann, die schlicht nichts mit Geld zu tun und dann den ein oder anderen Spieler doch zu einem monetär gesehen ärmeren Verein gehen lässt. Aber das ist vielleicht auch nur meine verträumte Wunschvorstellung.

      Im Hinblick auf die Fans hast du Recht, dass diese nicht rein als Betroffene betrachtet werden sollten. Das tut Christoph Ruf in dem Buch auch nicht. Den Fans ist lediglich ein Kapitel von circa 15 gewidmet. Auch wenn dieses Kapitel bei mir besonders hängen geblieben ist und ich mich deswegen in meiner Rezension etwas darauf eingeschossen habe.

      Liebe Grüße
      Sabrina

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