Die Fastenzeit und der liebe Glaube. Mit leerem oder zumindest nicht überfressenem Magen lässt sich besser denken. Eine Zeit in der man auf den Überfluss verzichtet und in sich geht. Fasten und Verzichten ist keine Besonderheit im Islam, sondern mit der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern auch ein fester Bestandteil des Christentums. Doch wie viele Christen nehmen dies wirklich ernst und wie sieht es bei den Moslems im Iran aus? Ich hab mir das vor Ort im Iran angesehen und einige Gemeinsamkeiten im Islam und im Christentum bzw. besser gesagt in der tatsächlichen Auslebung der Religion gefunden.
Religion im Iran
Im Iran selber wird davon gesprochen, dass 80% der Bevölkerung Moslems sind. Die bei uns veröffentliche Zahlen liegen mit 98-99% Prozent deutlich höher und lassen ein gänzlich anderes Bild der Gläubigkeit vermuten. Fakt ist jedoch das von den Moslems circa 90% Schiiten und damit die der deutlich gemäßigteren Glaubensausrichtung angehören.
Neben dem Islam gibt es im Iran 3 weitere Religionen, die ausgelebt werden – Zoroastrismus, Judentum und armenisches Christentum. Diese Minderheiten haben vor allem aus dem historischen Kontext Bedeutung. So wurde den vertriebenen Armeniern Zuflucht geboten und die Auslebung ihres Glaubens erlaubt. Die Vank-Kathedrale in Isfahan ist ein Beispiel einer nicht-muslimische Glaubensstätte im Iran. Den Armeniern wurde hier ein Platz gegeben, um ihre Religion zu praktizieren. 1664 wurde die Vank-Kathedrale erbaut. Da Baumeister aus der Gegend mithalfen, vereint die Kathedrale christliche und muslimische Elemente. Es gibt eine Kuppel wie für Moscheen üblich. Allerdings wird diese von einem Kreuz geziert. Die Minaretten-ähnlichen Türme werden als Glockentürme genutzt. Innen ist die Kathedrale reich mit vergoldeten Schnitzereien ausgestattet, mit Bildern bemalt und erzählt die wichtigsten Geschichten der armenisch-christlichen Religion.
Das Freitagsgebet
Wie im Christentum der Sonntag ist der Freitag der heilige Tag im Islam. Bei einem Freitagsgebet, das ich besuchte waren lediglich etwa 5 Männer und einige Kinder in der Moschee. Das erste Freitagsgebet im Ramadan war hingegen deutlich besser besucht, wenngleich sich auch hier die Menschen auf etwa 20 beschränkten. Vergleich man dies mit dem Christentum offenbart sich die erste Ähnlichkeit. Einer Glaubensgemeinschaft anzugehören und der Besuch einer Kirche oder Moschee sind zwei gänzlich verschiedene Dinge. Denke ich nur an mein eigens Umfeld gibt es viele Menschen, die zwar Christen sind, aber wenn überhaupt höchstens zu Weihnachten und Ostern eine Kirche von innen sehen.
Essen und Trinken im Ramadan
Im Ramadan ist Essen und Trinken sowie auch Rauchen und Sex in der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang verboten. Wie sooft bestätigen Ausnahmen die Regeln. Beispielsweise ist es Reisenden erlaubt zu Essen und zu Trinken. Dies führt dazu, dass es an den Autobahnen kein Problem ist, eine warme Mittagsmahlzeit zu bekommen.
Auch in den Städten gibt es Restaurants, die sich auf Touristen spezialisieren und Mittagsmenüs anbieten. So war ich beispielsweise in einem Restaurant in Kaschan, dass ein umfangreiches Mittagsbuffet anbot. Betritt man das Lokal steht man in einem großen leeren Raum mit gedeckten Tischen und nichts deutet auf ein Mittagsbuffet hin. Durch den Innenhof geht es in einen weiteren großen Raum. Hier wimmelt es nur so von Touristen. Die vielen Reisebusse vor der Tür sind ein untrügliches Zeichen, dass es hier trotz Ramadan aufgetischt wird.
Nicht trinken bei 30° im Schatten erscheint mir lebensgefährlich und bei allem Verzicht auf keinen Fall gesund. Auch wenn man kaum Menschen ,wie an Tagen außerhalb des Ramadan, mit Wasserflaschen sieht, fällt die stärkere Präsenz von Zeitungen auf. Lesen die Iraner plötzlich im Ramadan alle Zeitung? Weit gefehlt! Eingewickelt in der Zeitung wie etwas unanständiges, befindet sich eine Flasche Wasser, die in scheinbar unbeobachteten Momenten rasch zum Mund geführt wird.
Die Zeichen richtig deuten
Schnell lernt man die Hinweise richtig zu deuten und zu erkennen wo es etwas zu essen gibt. Zwar sind die Grills vor den Lokalen leer, doch in den meisten Lokalen gibt es trotzdem etwas zu essen. Rollläden die nur zur Hilfe geöffnet sind, deuten an, dass dieses Restaurant geöffnet ist. Man schlüpft einfach unter dem Rollladen durch und fertig.
Wirft man Blicke in die Geschäfte sieht man auch sehr häufig Menschen, die sich im hinteren Teil verstecken und dort Essen und Trinken. Lediglich in der Öffentlichkeit wird darauf geachtet nichts zu konsumieren. Ein Park gehört scheinbar nicht zum öffentlichen Bereich. So verbrachte ich eine Mittagspause während des Ramadan in einem Park in Teheran. Viele Menschen brachten warme und kalte Speisen mit und konsumierten diese im Schatten der Bäume.
Der Ramadan ist für mich nach meinem Iran Besuch Schein und Rauch. Klar mag es einige Gläubige geben die sich wirklich an die Regeln halten, doch mein Eindruck ist, dass dies eine Minderheit ist. Ähnlich wie im Christentum wo nur wenige in der Fastenzeit auf etwas verzichten. Der groß aufgeblasene Mythos rund um den Ramadan zerplatzt in einer Blase der Scheinheiligkeit.
Halli hallo,
das klingt interessant, was du schreibst und was du beobachtet hast. Wann warst du im Iran und wie lange?
Es sind ja nicht nur Reisende vom Fasten befreit. Das gilt auch z.B. für Kranke, Schwangere, Kinder, schwer arbeitende Menschen und alle, die es nicht schaffen, wie vielleicht sehr viele Alte. Deshalb ist das Bild nicht das, was wir so erwarten. Man sieht nicht jedem -nicht Fastenden- an, warum er oder sie am Tage essen und trinken. Dass sie es heimlich tun ist klar, vor allem, weil sie sich schämen, nicht über ihren Grund reden und keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Vielleicht ist die eine oder andere Frau schwanger und will / darf es noch nicht sagen und natürlich möchte man nicht in der Öffentlichkeit essen, damit die, die Fasten, nicht unnötig „provoziert“ werden… Jeder (gläubige) Moslem möchte in diesem besonderen Monat Ramadan am Fasten teilnehmen. Deshalb denke ich, kann man nicht ganz so pauschal sagen, dass das alles Schein und Rauch und Scheinheiligkeit ist.
Der Iran ist auf jeden Fall auch ein Land, das ich gerne einmal bereisen möchte. Ich hoffe, es klappt irgendwann.
GlG vom monerl
Hallo!
Ich war Ende Mai für zwei Wochen quer durchs Land unterwegs.
Ja, es gibt einige Ausnahme vom Ramadan. Wenn ich mitten im Banken- und Regierungsviertel in Teheran sehr viel offene Lokale sehe, kann ich mir aber nicht ganz vorstellen, dass das alles Ausnahmen sind.
Auch in den Gesprächen habe ich gemerkt, dass viele die Regeln gar so streng auslegen. Hier möchte ich den Iran etwas mehr ins richtige Licht rücken, was aber keine Verurteilung sein soll. Denke ich an Österreich kann ich genug Beispiele nennen, die religiös sind, brav Kirchensteuer zahlen, aber die Regeln doch schon sehr freizügig auslegen.
Eine Reise in den Iran kann ich wärmsten empfehlen. Das Land ist so vielfältig, hat unglaublich beeindruckend kulturelle Sehenswürdigkeiten und die Menschen sind toll.
Lg Sabrina
Guten Morgen,
ja, das stimmt schon auch, was du sagst. Es ist gut, wenn Menschen ihre Religion unterschiedlich leben dürfen, wenn sie wollen. Man denkt jetzt nicht unbedingt, dass das im Iran so möglich ist. Deshalb freut es mich umso mehr, wenn du recht hast! Es gibt ja auch in islamisch geprägten Ländern Menschen, die nicht religiös sind. Nur können sie das leider nicht wirklich öffentlich sagen und leben.
Banken- und Regierungsviertel klingt nach einem gehobenen Viertel. Da kann ich es mir sehr gut vorstellen, dass diese Leute dort es locker(er) nehmen und auch mit vielen Geschäftspartnern essen gehen usw.
Du bist die zweite Frau, von der ich jetzt weiß, dass sie den Iran besucht hat und keine Angst hatte und es wärmstens empfehlen kann. Ich bin begeistert! :-)
GlG vom monerl