Die Suche nach der eigenen Farbe – Brigitte Herrmann

Stephanie Hollenstein

Stephanie Hollenstein war eine talentierte Malerin – doch ihr künstlerisches Werk und ihre Persönlichkeit sind bis heute untrennbar mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus verknüpft. Brigitte Herrmann nähert sich in ihrem einfühlsamen Roman dieser widersprüchlichen Figur mit großer Sorgfalt und ohne vorschnelle Wertung. Sie zeigt Hollenstein nicht in Schwarz oder Weiß, sondern in all den Zwischentönen, die ein von Ambivalenz geprägtes Leben ausmachen.

Auf 428 Seiten begleitet man Stephanie von ihrer Kindheit in einer einfachen Bauernfamilie in Lustenau über zahlreiche Schicksalsschläge bis hin zu ihren künstlerischen Erfolgen. Ihre Geschichte ist außergewöhnlich: Als lesbische Frau, die im Ersten Weltkrieg als Mann verkleidet an die Front zog, als leidenschaftliche Bergsteigerin und als Künstlerin in einer Zeit der Repression, durchbricht sie gängige Rollenbilder – und bleibt dennoch in anderen gefangen.

Herrmann gelingt es, das rastlose Herz und die inneren Spannungen ihrer Protagonistin mit großer Sensibilität darzustellen. In ruhiger, poetischer Sprache schildert sie Hollensteins Suche nach Identität, Zugehörigkeit und einem Platz in der Welt. Dabei klammert sie auch die schwierigen Aspekte nicht aus: Hollensteins Sympathien für die NS-Ideologie werden nicht beschönigt, aber auch nicht einseitig verdammt – vielmehr werden sie in den historischen, gesellschaftlichen und persönlichen Kontext eingebettet.

Fazit

Brigitte Herrmann hat mit „Die Suche nach der eigenen Farbe“ ein wichtiges, vielschichtiges Porträt geschaffen – von einer Frau, die mutig, widersprüchlich und voller Leidenschaft lebte. Ein Roman, der nicht verurteilt, sondern erklärt und darlegt. Der zum Nachdenken anregt und der eine streitbare, aber faszinierende Persönlichkeit in ihrer ganzen Komplexität sichtbar macht.

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