Interview mit Werner Gerl

Werner Gerl
Werner Gerl
Fotograf Stefan Obermeier

Nach dem ich „Champagner für den Mörder“ von Autor und Kabarettis Werner Gerl gelesen habe, nahm sich dieser freundlicherweise Zeit für ein Interview. Lest alles rund um sein aktuelles Buch und die anstehenden Projekte.

lesefreude: „Champagner für den Mörder“ ist bereits dein fünftes Buch* und nach „Der Goldvogel“ bereits der dritte Fall für Kommissarin Tischler. Woher nimmst du die Ideen?
Werner Gerl: Idealerweise kommen die Ideen zu einem. Beim 1. Band „Eine Art Serienmörder“ war ein längerer Artikel ausschlaggebend, der von Menschen handelte, die mit rosafarbenen Träumen vom Leinwandruhm nach Los Angeles kamen, aber auf dem Bauch landeten – oder als Bedienung in der Cheese Cake Factory wie Penny aus „Big Band Theory“. Ich habe mir die Leitfrage gestellt, was Leute bereit sind, für den Erfolg zu tun und das in einigen Variationen durchgespielt. Beim „Goldvogel“ war eine Verschwörungstheorie über Altnazis am Nordpol ausschlaggebend. Das hat mich gleichermaßen belustigt und fasziniert. Die Anregungen kommen also aus dem täglichen Leben oder von Medienberichten, dann konstruiert man Personen und eine Geschichte. Bei „Champagner für den Mörder“ war es die Beobachtung der Menschen in einer Münchner Promi-Bar und die Lust, hinter die glatte Fassade zu blicken. Da taten sich dann schnell ein paar Abgründe auf.
*“Champagner für den Mörder“ ist genau genommen mein 5. Krimi, aber mein 7. Buch. Ich habe noch einen Gedichtband („Lila Zeiten“) und ein satirisches Oktoberfestbuch („WiesnABC“) geschrieben
lesefreude: Ursprünglich sollte das Buch „Schampus für den Mörder“ heißen. Wie kam der Titel dann letzten Endes zustande?
Werner Gerl: Mein Verleger fand, „Schampus“ klinge zu sehr nach 90-er Jahren, er wolle aber moderne Bücher machen. Naja, ich habe bei meinen Lesungen ein paarmal nachgefragt. Das Ergebnis: eine deutliche Mehrheit hätte „Schampus“ besser gefunden. Aber gegen den Verleger bist du als Autor machtlos.

lesefreude: In vielen Krimis & Thriller ist der Hauptermittler ein Mann. Selbst bei Ermittlerduos ist meist der leitende Kommissar ein Mann. Bei dir ist es genau umgekehrt. Wieso hast du dich für eine Kommissarin entschieden, die den Fall leitet?
Werner Gerl: 
Ich mag taffe Ermittlerinnen wie Kate Beckett aus der Serie „Castle“. Es klingt vielleicht blöd, wenn ich das als Mann sage, aber Frauen, die sich in Männerberufen durchsetzen, imponieren mir. Barbara Tischler hat auch die nötige Härte und Kraft. Außerdem habe ich ihr Züge von mir gegeben. Tischler ist ja, wie es der Name sagt, eher die Zupackende. Sie ist impulsiv und drückt sich ironisch aus.

Werner Gerl
Fotograf Siegfried Bruckbauer

lesefreude: Eine Promi-/Schickimicki-Bar spielt in „Champagner für den Mörder“ eine nicht unwesentliche Rolle. Trifft man dich privat auch in solche Bars an oder bist du vielleicht doch eher der Biergarten-Typ?
Werner Gerl: Eindeutig Biergarten. Ich komme aus der Hallertau, dem größten Hopfenanbaugebiet der Welt, und bin allein daher dem bayerischen Nationalgetränk stark verbunden. Die Förderung der lokalen Brauereien ist mir so beim Ausgehen eine Herzens- oder Leberangelegenheit. In Schickimicki-Bars passe ich wie Bill Gates auf eine Apple-Party. Man würde mich nicht von den anderen wegkennen, aber ich gehöre da nicht hin.

lesefreude: Du bist nicht nur Autor sondern auch Kabarettist. Wie unterscheidet sich der Prozess wenn du an einem Krimi arbeitest zu dem, wenn du an einem Kabarett schreibst?
Werner Gerl: 
Es gibt eine schöne Quelle aus dem Mittelalter, in der ein Mönch klagt, Schreiber sei die anstrengendste und schlimmste aller Tätigkeiten. Drei Finger schreiben, der ganze Körper leidet. Tatsächlich unterscheidet sich das Schreiben an einem Buch fundamental vom Schreiben an einer Nummer. Hat man Personen und Story konstruiert, kann man sich in jeder freien Minute hinsetzen und den Roman weiterschreiben. Irgendwann kommt man in einen Flow, dass man sich vom PC loseisen muss. Aber Comedy und Kabarett – da muss man sich jede Zeile aus den Rippen schneiden. Der Text muss dicht, witzig sein, ein breites Publikum ansprechen und bühnentauglich sein. Manchmal sitzt man einen Abend da und schmeißt am nächsten Tag alles, was man sich mühselig aus dem Schädel gequetscht hat, in den nächsten Papierkorb. Da geht’s mir oft wie dem Mönch im Mittelalter.

lesefreude: Wird es noch weitere Fälle von Barbara Tischler und Ralf Mangel geben oder stehen jetzt erst mal wieder andere Projekte auf dem Programm?
Werner Gerl: Ein vierter Tischler-Band ist momentan nicht geplant, aber dafür habe ich eine Menge an Projekten. So arbeite ich an meinem neuen Solo-Programm, das nächstes Jahr im Februar/März Premiere hat. Außerdem hat mich Irene Rodrian, die als Deutschlands erste Krimiautorin gilt, gefragt, ob ich ihr dabei helfe, ihr äußerst erfolgreiches Jugendbuch „Blöd, wenn der Typ draufgeht“ für das Theater zu adaptieren. Da kann man nicht nein sagen. Die Zusammenarbeit mit einer so erfahrenen wie erfolgreichen Autorin macht auch riesigen Spaß. Und ist eine Ehre für mich. Und dann mache ich noch zwei Sachen, die für mich ein Novum sind. Im April spiele ich in dem Film „De Überbliema“ (auf Hochdeutsch: „Die Übriggebliebenen“) mit. Da spiele ich einen Hufschmied, der besser mit Pferden als mit Frauen umgehen kann, aber sein Herz beim Speed-Dating verliert. Und im Winter gebe ich eine Anthologie mit bayerischen Weihnachtskrimis heraus: „Wehe, wenn der Krampus kommt“. Außerdem möchte ich meine zweite Reihe um Marc Bourée fortführen. Das ist ein Detektiv, der sich darauf spezialisiert hat, Menschen zu verschwinden zu lassen. Dafür gibt es in Amerika reale Vorbilder, die sich eine goldene Nase verdienen.

 Meine Rezension zu „Champagner für den Mörder“

 

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