Kampfrhetorik – Thomas Wilhelm Albrecht

Kampfrhetorik - Thomas Wilhelm Albrecht

Vergangenes Jahr habe ich mich mit dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg beschäftigt. Mit „Kampfrhetorik“ erläutert Thomas Wilhelm Albrecht ein entgegengesetztes Konzept. Beide Theorie beschäftigen sich mit der gezielten Manipulation von Menschen.

Schaltet man aktuell die Nachrichten ein, herrscht ein zunehmend rauer werdender Ton. Mit Angstmache wird versucht, die Menschen gezielte in eine Richtung zu lenken. Und auch im Alltag verschärft sich der Umgangston rasant. Der Untertitel „Kampfrhetorik: So werden wir gegen unseren Willen beeinflusst – und was wir dagegen tun können“ spricht für sich.

„Die sprachliche Technik zur Manipulation bezeichnen wir als Kampfrhetorik. Wir verwenden Sprachmuster, die geeignet sind, in Menschen Befehle und Kommandos auszulösen.“
Seite 10

Auch wenn ich selbst nicht vorhabe die Mechanismen der Kampfrhetorik anzuwenden, ist es spannend diese zu verstehen – manipulative Redetechniken, Demütigungen, Fake News. Denn wenn man diese erkennt, kann man seine eigene Kommunikation so anpassen, um den Redner mit seinen (Schein-)Argumenten auf Glatteis zu führen. Oder auch in politischen Diskussionen mit Mitmenschen können Kampfrhetoriker entlarvt werden.

Kampfrhetorik - Thomas Wilhelm Albrecht Kampfrhetorik - Thomas Wilhelm Albrecht

Anhand von zehn Reden von PolitikerInnen analysiert Thomas Albrecht die Kampfrhetorik und zeigt die Mechanismen auf. Die Reden sind recht aktuell. Neun Reden stammen aus dem Jahr 2020. Thomas Wilhelm Albrecht erläutert die Kampfrhetorik anhand politischer Reden, da davon auch Videobeispiele öffentlich verfügbar sind. Zu jeder Rede gibt es einen Youtube-Link. Im Buch selbst ist das Transkript der Rede abgedruckt.

In zwei Absätzen wird dazu jeweils die Körpersprache dargestellt. Dabei wird oft der Satir-Typ angegeben. Für die Erklärung zu den Typen gibt es den Hinweis auf ein anderes Buch des Autors, jedoch keine Erklärung. Das ist Schade, da ich diese Unterteilung der Kommunikationshaltungen noch nicht kannte. Naja, da muss dann wohl das Internet aushelfen.

Die vollständigen Transkripte sind kursiv abgedruckt. Immer wieder erläutert der Autor einzelne Passagen. Lange Reden – teilweise bis zu einer Seite – werden eins zu eins abgedruckt. Dabei gehen ganz schön viele Seiten für relativ wenig Inhalt drauf. Denn die Reden an sich habe ich oftmals nur überflogen. Die Erläuterung sind unterschiedlich – von ausführlich und spannend bis hin zu kurz umrissen in ein bis zwei Absätzen.

Meinen großen Aha-Moment, hatte ich beim Interview von ZIB 2 Moderator Armin Wolf mit Bundeskanzler Sebastian Kurz. Denn obwohl ich früher ein großer Fan von Wolfs Interviews war, schaue ich diese mittlerweile immer weniger gerne. Thomas Wilhelm Albrecht kann den Grund meiner Gefühle benennen. Die Interviewtechnik von Armin Wolf hat sich verändert. Zunehmend artet es in einen Hickhack aus. Wolf provoziert seine Gesprächspartner immer häufiger persönlich. Diese sind so zusätzlich damit beschäftigt sich nicht persönlich angegriffen zu fühlen und gehen in den Verteidigungsmodus – eine natürliche Reaktion. Dadurch wird der Ton der Interviews aggressiver und der Interviewpartner ist damit beschäftig nicht in eine derartige Falle zu tappen. Dies kann dazu führen, dass die eigentlich Information für die Bevölkerung in den Hintergrund gerät. Persönliches Hickhack, anstatt Sachebene steht zunehmend im Vordergrund.

Kampfrhetorik - Thomas Wilhelm Albrecht Kampfrhetorik - Thomas Wilhelm Albrecht

In der zweiten Hälfte des Buches wird es theoretisch. Der Autor geht auf die Mechanismen hinter der Kampfrhetorik ein, erklärt das Meta-Modell, Denkfehler und rhetorische Kunstgriffe mit denen man immer Recht behält. Ganz schön viel Input wird da in 130 Seiten gepackt. Deswegen können einige Themen lediglich angerissen werden.

Die Kunstgriffe gefielen mehr gut, wenngleich es einiges an Übung bedarf, um diese gezielt anzuwenden.

Fazit

★★★☆☆

Kampfrhetorik anhand von aktuellen, politischen Reden zu erklären, ist ein gutes Konzept. Dabei nimmt jedoch das vollständige Transkript von zehn Reden viel Platz ein. Bei der Analyse und Erläuterung hätte ich mir mehr Details gewünscht.

In der zweiten Hälfte des Buches gibt es dann verdichteten theoretischen Input. Leider bleiben einige zuvor verwendete Fachbegriffe wie die Satir-Typen unerklärt. Gut, das Internet schafft schnell Abhilfe. Dennoch wünsche ich mir zumindest eine Mini-Erklärung in einem derartigen Fachbuch. Vor allem da es nicht den Eindruck macht als wäre Vorwissen rund um Rhetorik nötig, um das Buch zu lesen beziehungsweise zu verstehen.

Der Goldegg Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür.

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