Ein Krimi, der fast zu realistisch ist
Als ich „Freunderlwirtschaft“ von Petra Hartlieb begann, dachte ich zunächst: So ein überzogener Plot kann einem doch gar nicht einfallen! Doch dann erinnerte ich mich an die politischen Schlagzeilen der letzten Jahre – und plötzlich fühlte sich die Geschichte beklemmend realistisch an.
Zur Handlung
Hauptkommissarin Alma Oberkoferl wird von Linz nach Wien versetzt. Mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn sorgt sie für frischen Wind – und stolpert direkt über eine hochbrisante Leiche: einen Minister. Schnell wird klar, dass sie in ein Wespennest gestochen hat. Im Umfeld des Toten herrscht Schweigen, jeder schuldet irgendwem einen Gefallen, und Korruption ist allgegenwärtig. Hier wirtschaftet man am liebsten in die eigene Tasche.
Stil & Atmosphäre
Petra Hartlieb schreibt mit trockenem, schwarzem Humor und einer ordentlichen Prise Sarkasmus – genau der Sarkasmus, der so typisch für Österreich ist. Die Geschichte ist stellenweise frustrierend, weil Alma von allen Seiten blockiert wird und scheinbar nichts vorangeht. Doch sie gibt nicht auf und sucht sich unkonventionelle Verbündete – darunter eine Buchhändlerin mit beeindruckendem Spürsinn. Petra Hartlieb ist selbst Buchhändlerin, was dieser Figur eine besondere Authentizität verleiht.
Ein zweiter Erzählstrang begleitet die verschwundene Verlobte des Ministers. Dadurch erhält der Roman zusätzliche Facetten und bleibt abwechslungsreich.
Spannung & Fazit
Etwa ab 80 % des Buches ist klar, was passiert ist – nun geht es nur noch darum, die Täter:innen zur Strecke zu bringen. Einerseits nimmt das die Spannung etwas raus. Andererseits braucht es genau diese Phase, um die Ungerechtigkeit spürbar zu machen und nachwirken zu lassen.
„Freunderlwirtschaft“ ist ein kluger, unterhaltsamer Krimi mit scharfem Blick auf die österreichische Politik. Wer schwarzen Humor mag und die Absurditäten der Machtstrukturen gerne in literarischer Form serviert bekommt, wird hier bestens unterhalten.