Kalsarikänni – Miska Rantanen

Kalsarikänni - Miska Rantanen

Der Inhalt

Hygge war gestern. Der neueste Trend zur absoluten Entspannung und zum Wohlbefinden zu Hause kommt aus Finnland: Kalsarikänni oder sich alleine zu Hause in Unterwäsche betrinken. Ja, die Finnen haben dafür sogar ein eigenes Wort.

Meine Meinung

Das Buch „Kalsarikänni“ ist ein designtechnisches Meisterwerk. Die Farbgebung auf dem Cover finde ich bereits extrem ansprechend. Die Mischung aus dunklen Farben und dazu ein paar pasteligen Tönen ist toll. Noch besser wird es, wenn man das Buch durchblättert. Viele Illustrationen und stimmungsvolle Bilder zu Beginn eines jeden Kapitels lockern das Buch auf und machen es zu einem Genuss für die Augen.

Kalsarikänni - Miska Rantanen

Zu Beginn wird erklärt was „Kalsarikänni“ überhaupt ist und wie sie sich der Trend des alleine zu Hause Trinkens überhaupt entwickelt hat. Dabei werden auch geografische und klimatische Argumente angeführt, die zeigen, dass dieser Trend eine logische Konsequenz ist, wenn man in Finnland lebt.

Mit unterschiedlichsten Statistiken versucht der Autor zu zeigen, dass „Kalsarikänni“ Finnland zum Besten Land macht. Seien es die meisten Sommerolympiamedaillen pro Einwohner oder das zweitbeste Land für Mädchen. Die Statistiken wirken mühevolle konstruiert. Nicht immer lässt sich dabei ein Zusammenhang mit dem gerade gelesenen Kapitel herstellen.

„Liegt das Start- und Zielniveau bei Null, ist bereits eine kleine Leistung gleichbedeutend mit einem Erfolg.“ Seite 21

Miska Rantanen zeigt uns, dass diese Methode zur Entspannung auch in südlichen Gefilden angewendet werden kann. In unserer leistungsgetriebenen Gesellschaft unterliegt selbst die Freizeit immer mehr einem Erfolgsdruck. Sei es sich ehrenamtlich zu engagieren, sportliche Erfolge zu erzielen oder möglichste viele Länder zu besuchen. Diverse Gadget und Wearables sorgen dafür, das wir alles messen können und folglich auch alles optimieren und verbessern wollen.

Kalsarikänni - Miska Rantanen

„Kalsarikänni“ ist somit also das bewusste Nichts tun. Einfach den Moment für sich genießen ohne Erfolgsdruck und Erwartungen. Es gibt uns eine Rechtfertigung Nichts zu tun.

Da ich im Laufe der Jahre selbst immer schlechter im Nichts tun geworden bin und mir das setzen von Zielen auch im privaten Bereich immer mehr in Fleisch und Blut übergangen ist, haben mich diese Argumente für einen „Kalsarikänni“-Abend zu Beginn des Buches sehr angesprochen.

Kalsarikänni - Miska Rantanen

Doch je weiter man liest, desto mehr verkommt das Buch zu einer Trinkorgie. Bereits beim Lesen von den Unmengen an konsumierten Alkohol bekomme ich Kopfweh. Ja, schließlich verlassen wir sogar das geschützte Umfeld der eigenen Wohnung, begeben uns mit einem Tütenbier in den Park und danach in diverse Bars.

„Als du nach Hause kommst, stellst du erleichtert fest, dass alles, was zu erledigen war, erst einmal abgehakt ist.“ Seite 9

Als wäre das nicht schon genug, drängt sich langsam und unaufhörlich der Leistungsgedanke wieder in den Kopf. War das vollendete Tagwerk zu Beginn des Buches noch der optimale Startzeitpunkt für Kalsarikänni, wird nun neben dem Trinken der Haushalt geschmissen. Von Socken sortierten über Staubsaugen, Krimskrams-Schublade aufräumen bis hin zum Klo putzen, kann Kalsarikänni neben nahezu jeder Tätigkeit ausgeübt werden. Entspannung Adieu!

Ja, nicht alles in „Kalsarikänni“ darf man so todernst nehmen. Miska Rantanen schreibt mit einem Augenzwinkern. Auch wenn ich mir an manchen Stellen nicht so sicher war, was Sarkasmus und was ernst ist. Und gut 2/3 des Buches gelingt es ihm dieses Augenzwinkern und den humorvollen Unterton beizubehalten. Bis es schließlich völlig abdriftet.

Kalsarikänni - Miska Rantanen

Fazit

★★☆☆☆

Was wie eine Methode zur Entspannung angepriesen wird (in wohldosierten Mengen!), endet in einem hemmungslosen Besäufnis. „Kalsarikänni“ gibt uns die Rechtfertigung sich in nahe zu jeder Situation zu betrinken. Und wenn dir einmal nicht nach einem Besäufnis ist, findest du in „Kalsarikänni“ bestimmt einen Grund zu.

Entspannung und Gemütlichkeit kommt beim Lesen und auch beim Gedankenexperiment der Nachahmung nicht auf. Viel mehr spüre ich bereits den Kater in mir hochkriegen. Doch auch dafür wird Abhilfe geschaffen. Im Kapitel „The Next Level“ spricht der Autor kurz die aberwitzige Idee eines Kalsarikänni-Abends ganz ohne Alkohol an. Nur um zwei Seiten weiter zu empfehlen, vorsorglich vor dem Schlafengehen eine Schmerztablette zu nehmen, um den Kater keine Chance zu geben.

Lediglich für die wundschöne, liebevolle Aufmachung hat sich das Buch einen zweiten Stern verdient.

Der Goldmann Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

*

Ich stimme der Datenspeicherung zu

You may use these <abbr title="HyperText Markup Language">html</abbr> tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*