Die Handlung
Als Sohn einer Slowakien und einem indischen Psychiater aus Wien meint es das Schicksal mit Samy nicht gut. Er wächst bei seiner Mutter in der Nähe von Bratislava auf. Seine dünklere Haut ist Grund genug für Anfeindungen und Verspottungen. Seit frühester Kindheit hat es Harry auf Samy abgesehen. Als dieser im Erwachsenenalter Anführer einer Skinheadgruppierung wird, gerät Samys Leben in Gefahr.
Meine Meinung
Samy schließt der Leser mit seiner Weltoffenheit und seiner zurückhaltenden Schüchternheit schnell ins Herz. Ein kleiner Junge, der trotz der schwierigen Ausgangslage von seiner Mutter von ganzem Herzen geliebt wird.
Und dennoch wird Samy zu einer ganz schwierigen Zeit geboren. Sozialismus, der Fall des eisernen Vorhangs und die Angst vor Fremden (allen voran Roma) lässt Samy tagtäglich Abneigung und Anfeindung spüren.
Es ist ganz wundervoll wie ich mit „Samy“ mehr über die Geschichte des Nachbarlands Slowakei erfahren konnte. Dennoch musste ich während des Lesens für manche geschichtlichen Details und für eine zeitliche Einordnung das Internet zu Hilfe nehmen.
„Samy“ erstreckt sich über einen langen Zeitraum. Der Roman startet kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs und reicht bis in die aktuelle Zeit hinein. Mit mehr geschichtlicherem Hintergrundwissen hätten die Andeutungen der Autorin vermutlich gereicht, um die Abschnitte zeitlich einzuordnen. Ich musste immer wieder etwas nachforschen, was allerdings auch den positiven Nebeneffekt hatte, dass ich nun dadurch noch mehr gelernt habe.
Da ich erst vor kurzem „Abschied von Sidonie“ von Erich Hackl gelesen habe, war ich gedanklich immer auf der Such nach Parallelen. „Abschied von Sidonie“ erzählt die wahre Geschichte von einem Zigeunerbaby, das 1933 vor dem Steyrer Krankenhaus abgelegt wurde. Der Hass gegen die Roma in „Samy“ hat mich stark an das Buch erinnert.
Derartige Parallel zwischen einer Geschichten zur aktuellen Zeit und einer Geschichte rund um den Zweiten Weltkrieg zu sehen, jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Ich möchte die Augen verschließen und mir einreden, dass Zdenka Becker nur einen fiktiven, grausamen Roman geschrieben hat. Doch erschreckend schnell wird mir bewusst, dass Zdenka Becker vermutlich gar nichts erfunden hat.
„Du hast, wie es scheint, gar nicht mitbekommen, dass der Rechtsradikalismus längst die Mitte erreicht hat und viel gefährlicher ist, als die Neonazis und Skinheads jemals gewesen sind. Es stimmt, sie sind es, die die Asylantenheime und Romasiedlungen anzünden und jeden verprügeln, der anders als sie selbst ist, aber die wirkliche Gefahr sind die Köpfe der Rechtsradikalen, zu denen immer mehr gebildete Menschen wie Juristen, Beamte, Lehrer oder Techniker gehören.“
Seite 217
Fazit
★★★★★
„Samy“ ist eine zutiefst berührende Geschichte von einem Jungen auf der verzweifelnden Suche nach seinem Platz in der Gesellschaft. Blinder Rassismus und Fremdenhass, die den Leser verzweifelt zurücklassen. Nur ein Funken Hoffnungen bleibt, das derartige Schicksale verhindert beziehungsweise abgewendet werden können!
Der Gmeiner Verlag hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
Mehr zu Zdenka Becker
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- Rezension zu Samy
Hallo Sabrina,
ein interessantes Buch, von dem ich bisher noch nichts gehört habe! Ich weiß nur, dass ich nach dem Ausbruch des Jugoslawienkrieges 1991 so begeistert war, als ich hörte, dass sich die Tschechoslowakei so friedlich in zwei unabhängige Staaten getrennt hat, während ein paar Kilometer weiter ein schrecklicher Krieg wütete. Immer, wenn ich die Erwähnung eines dieser beiden Staaten lese oder höre, kommt mir dieser Moment vor Augen. Ich sollte mich mal darum kümmern, auch Bücher von dort zu lesen. Das ist nämlich noch ein blinder Fleck auf meiner Lesekarte. „Samy“ klingt nach einem Buch, das ich sehr gerne lesen möchte. Ich habe es auf meine Merkliste gesetzt. Wäre sehr schade, wenn ich es vergessen würde.
GlG vom monerl
Hallo monerl!
Wenn du dann noch ein spannendes Buch aus Tschechien lesen willst, empfehle ich dir „Das weiße Feld“, das ich ebenfalls erst vor kurzem gelesen habe. Ich bin mir sicher du wirst die drei Damen lieben. Aufgrund der Geschichte über drei Generationen erfährst du dort ebenfalls wiederum viel über das Land.
Und ganz nebenbei kannst du Punkte sammeln für die Weltenbummler-Challenge ;)
Liebe Grüße
Sabrina