„Alte weise Männer: Hommage an eine bedrohte Spezies“ ist der Gegenentwurf zum viel kritisierten und diskutierten alten weißen Mann. Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Dabei blieb auch einiges auf der Strecke. So kritisieren die Autorinnen den Rückzug von Tugenden wie Leistungswillen, Opferbereitschaft, Pflichterfüllung und Disziplin.
Nena Brockhaus und Franca Lehnfeldt fragen bei alten weisen Männern nach, die die Welt aktiv mit gestaltet haben. Denn klar ist, dass sich unsere Gesellschaft einigen großen Herausforderungen gegenübersteht. Deswegen sprechen sich die beiden für eine offene Kultur des zuhören und hinterfragen aus. Etwas, das zunehmend aus der Mode zu kommen scheint: Echte Gespräche mit Respekt und Tiefgang. Dabei können wir von der Lebenserfahrung sowie dem ein oder anderen Rat durchaus profitieren.
Zehen Männer aus Politik, Showbusiness und Wirtschaft haben die beiden dafür Interview. Diese Gespräche sind als klassische Interviews im Buch abgedruckt. Dazwischen kurze Passagen, die uns die Person vorstellen und Eindrücke der Interviewerin beim Gespräch wiedergeben.
Work-Life-Balance und Leistung sind die großen Themen, die sich durch alle Interviews ziehen. Zumeist wird auch der Feminismus beziehungsweise die Rolle der Frau mit den Männern besprochen. Von Quotenfrau über Gendersternchen zeigen dabei alle Männer Respekt und Wertschätzung gegenüber den Frauen. Wenngleich auch eingestanden wird, dass es die gläserne Decke sehr wohl gibt.
Die Fragestellungen zeigen, dass die Autorinnen Profis auf ihrem Gebiet sind. Die geschickte Gesprächsführung erzeugt Lesefreude und ich erfahre spannenden Details. Interessant sind „Geheimnisse“ die heute, mit Abstand und nach vielen Jahren, erzählt werden können.
In dem ein oder anderem Interview nehmen mir die biografischen Fakten zu viel Platz ein. Viel spannender finde ich die Erfahrungen aus denen wir bei den aktuellen Herausforderungen etwas lernen können. Zudem bringt das Zuhören oder in diesem Fall das Lesen wertvolle Einblicke in die Ansicht wie diese zehn Männer die aktuellen gesellschaftlichen Thematiken sehen.
Fazit
★★★★☆
Nena Brockhaus und Franca Lehfeldt portraitieren und interviewen zehn alte weise Männer. Sie stellen den Gegenentwurf zum alten weißen Mann dar. Aktives Zuhören und kritisches hinterfragen – eine offene Gesprächskultur – so können wir aus der Vergangenheit und der Lebenserfahrung lernen und aktiv eine lebenswerte Zukunft gestalten.
Für ein umfassendes Bild wünsche ich mir eine Fortsetzung dieses lesenswertes Buches. Dann allerdings mit dem Titel „Alte weise Frau“ denn wie schon „Alte weise Männer“ deutlich macht, haben die Frauen eine signifikante Rolle in der Vergangenheit gespielt. Diese näher zu beleuchten, ist sicherlich ebenso spannend.
Gräfe und Unzer hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
