Queenie – Candice Carty-Williams

Candice Carty-Williams

Queenie arbeitet in einer Zeitungsredaktion und vertrödelt dort ihre Zeit mit der Erstellung von Listen anstatt über die wirklich wichtigen Themen wie die „Black Lives Matter“ und seelische Gesundheit zu schreiben. Als sie ihr weißer Boyfriend verlässt, sucht Queenie Trost in Dating Apps.

Der Klappentext von „Queenie“ klingt nach einem lustigen, unterhaltsamen Buch in dem eben auch das ein oder andere ernste, wichtige Thema angesprochen wird. So habe ich mir entspannte Lesestunden erhofft und ganz etwas anderes bekommen. Denn „Queenie“ zu lesen könnte man als schmerzhaft bezeichnen. Es ist ein ernstes Buch, in dem es nichts zu lachen gibt.

Candice Carty-Williams

Dennoch wollte ich das Buch fertig lesen. Als das Ende näher kommt, machte sich eine Erleichterung in mir breit. Nach der letzten Seite war ich dann auch richtig froh, dass es vorbei ist.

Ich konnte im ebook keine Trigger-Warnung entdecken. Doch das wäre dringend notwendig. Normalerweise bin ich nicht so anfällig, doch „Queenie“ hat mich richtig runtergezogen. Schwere Depressionen, sexuelle Gewalt und vieles mehr – harter Tobak.

Queenie hat jegliches Selbstwertgefühl verloren. In ihren Verabredungen über die Dating-Apps findet sie keine Liebe. Viel mehr wollen die Männer nur ihren Körper. Und den gibt Queenie bereitwillig her, ganz gleich ob es ihr gefällt oder nicht. Die Grenzen zwischen einvernehmlichen Sex und Vergewaltigung beginnen zu verschwimmen.

Candice Carty-Williams

Die Leichtfertigkeit mit der sie ungeschützten Geschlechtsverkehr mit derartig vielen Partnern hat, dass ich den Überblick verliere, stieß mir sauer auf. Vor allem da es körperliche Beschwerden für sie zur Folge hatte. Doch irgendwie vermittelt es den Eindruck als wäre dieses Verhalten völlig okay. Versteht mich nicht falsch, ein Buch muss nicht oberlehrerhaft daherkommen. Dennoch sollte ein derartiges selbstzerstörerisches Verhalten nicht so positiv dargestellt werden. Da fehlt einfach die Moral von der Geschichte.

Queenie zerstört sich so lange selbst, bis ich als Leser sehr, sehr stark versucht bin das Buch wegzulegen. Das kann man einfach nicht mehr mit ansehen und irgendwann nervt die stetig gleiche Leier. Doch plötzlich ein Lichtschimmer. Die Phase der Depression war noch die spannendste im Buch. Denn schließlich kann dies jeden treffen. Nur weil jemand stark ist, heißt dass nicht das er/sie nicht von Depressionen heimgesucht werden kann.

So wie der Weg nach unten schirr endlos was, ist es auch der nach oben. 544 Seiten bei denen man wieder einmal so einiges kürzen hätte können, um dem Buch mehr Lesefreude zu verleihen.

Candice Carty-Williams

Fazit

★★☆☆☆

Das hoffnungsvolle, fröhliche Cover und der leichte Klappentext haben mich auf eine völlig falsche Fährte gelockt. „Queenie“ beschreibt den Prozess der absoluten Selbstzerstörung einer jungen Frau. Das Buch zieht den Leser nach unten, schlägt auf die Stimmung und ist schwer zu lesen. Das Durchhalten wird dem Leser wahrlich schwergemacht.

Trigger-Warnungen fehlen (zumindest im ebook) völlig. Bei einem derartig heftigen Buch, mit so vielen toxischen Themen, wäre dies jedoch dringen nötig.

NetGalley und der Aufbau Verlag haben mir ein ebook zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

2 Replies to “Queenie – Candice Carty-Williams”

  1. Leonore says: Februar 26, 2021 at 12:00 pm

    Hallo Sabrina,

    ich habe das Buch eben als Hörbuch beendet. Deine Kritik bezüglich des irreführenden Klappentexts kann ich nachvollziehen. Man erwartet eine etwas tapsige, orientierungslose Protagonistin, die versucht, ihr chaotisches Leben in den Griff zu bekommen. Eine Triggerwarnung wäre vielleicht nicht schlecht gewesen, allerdings ist mir sowas bei Büchern bis jetzt noch nicht begegnet.

    Ich fand allerdings die Aussage, dass der Roman Queenies Verhalten und ungeschützten Geschlechtsverkehr als positiv und normal darstellt nicht richtig. Ich war auch sehr verwundert und ein bisschen fassungslos, wie rücksichtslos Queenie bei ihren Dates und Sex vorgegangen ist, allerdings wird dieses Verhalten von ihr selbst und den Menschen um sie herum durchaus kritisiert und als schädlich empfunden. Dass ein Trauma Grund für diese Rücksichtslosikgeit und Selbstzerstörung verantwortlich ist, wirft meiner Meinung nach ein ganz anderes Licht auf die Sache. Und ich fand es auch sehr gut, dass sich Queenie im Verlauf des Romans ihrer Therapeutin und ihren Freunden darüber spricht, warum sie so gehandelt hat.

    Es ist tatsächlich kein locker leichter Unterhaltungsroman für zwischendurch. Aber es ist ein wichtiges Buch, besonders für die angedachte Zielgruppe. Die Autorin hat das hier im Interview nochmal ganz gut erklärt:

    https://www.jetzt.de/kultur/candice-carty-williams-ueber-ihren-debuet-roman-queenie

    Ich wünsch dir ein schönes Wochenende :)

    1. lesefreude says: Februar 27, 2021 at 2:21 pm

      Hallo!

      Danke für den Link zum Interview. Sehr spannend.

      Ja, „Queenie“ ist ein wichtiges Buch, wenn auch kein einfaches. Es kommen so viele Probleme zusammen, dass es oftmals schwer zu greifen ist. Ich bin eher ein Freund von weniger Themen in einem Buch, die dann dafür tiefer bearbeitet werden können. Allerdings verstehe ich, dass man als Autorin die komplexe Gefühlswelt zeigen will und auch in der Realität oft mehrere Dinge zusammenkommen.

      Ich wünsche dir ebenfalls ein schönes Wochenende!

      Liebe Grüße
      Sabrina

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