Inhalt
Hilde und Karl verbringen einen beschaulichen Lebensabend in ihrem kleinen Häuschen. Wäre da nur nicht Karls zunehmende Demenz und Hildes Erinnerungen, die sie zu verschlingen drohen. Kurz vor dem Ausbrechen des zweiten Weltkrieg haben sich die beiden kennenlernt. Trotz Karls beruflichen Umzug nach Berlin, blieben Sie in Kontakt, heirateten und trotzten dem Krieg. Hilde taucht mit den Briefen tief in ihre Erinnerung ab. Alte Wunden werden offen gelegt.
Meine Meinung
Eigentlich bin ich keine Freundin von Büchern in denen viele Briefe abgedruckt sind. Da ich jedoch die Bücher von Zdenka Becker sehr schätze und ihren unaufgeregten Schreibstil mag, wollte ich auch „Es ist schon halb zwölf“ lesen. Und das hat sich auf jeden Fall gelohnt.
„Es ist schon halb zwölf“ ist es ein ruhiges Buch. Die Autorin braucht keine großen effekthascherischen Wendungen. Das Leben schreibt schon Dramen genug. Und so nimmt uns Zdenka Becker mit in das Leben von Hilde und Karl. Der Roman basiert auf einen realen Briefwechsel. Diesen hat Zedenka mit einer erfunden Geschichte zu einem großen Ganzen zusammengefügt.
Es ist trotz der Ruhe und der vielen Banalitäten, die erzählt werden, ein eindringliches Buch. Die Geschichte von zwei ganz normalen Menschen wird erzählt. Während Karl zu Beginn den Gedanken des NS-Regims positiv gegenüber steht, ist Hilde kritischer. Doch sie behält das für sich, will ihrem Mann nicht widersprechen. Wir erleben mit wie der Krieg langsam startet – die Parallelen zur aktuellen Situation erschweren das Lesen.
Besonders gut hat mir die Darstellung der Rolle der Frau zur damaligen Zeit gefallen. Frauen mussten stark sein, ganze Wirtschaften alleine führen. Schwächen konnten sie sich nicht erlauben. Während die Männer ihren Dienst an der Front verrichteten. waren die Frauen auf sich alleine gestellt.
Man muss zwischen den Zeilen lesen, um die Schrecken des Krieges in den Briefen herauszulesen. Denn natürlich war es ihnen nicht möglich, die Ereignisse ungefiltert in den Briefen niederzuschreiben. Dennoch wird der Mangel, die Angst, Verzweiflung und Wut in den Briefen spürbar. Der Roman rundherum macht das Ganze dann natürlich noch eindringlicher.
Fazit
★★★★★
„Es ist schon fast halb zwölf“ ist ein ruhiges, eindringliches Buch. Mit ihrem gewohnt nüchtern, sachlichen und direkten Schreibstil holt mich Zdenka Becker ab. Die Autorin lässt die beschriebenen Szenen deutlich vor meinem inneren Augen erscheinen.
Das Buch gibt einen wunderbaren Einblick in das Leben einer ganz normalen Familie zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Doch da macht die Autorin nicht halt und spannend den Bogen bis in die heutige Zeit. Denn die Ereignisse und der Schrecken des Kriegs haben Hilde und Karl nie ganz losgelassen.
Danke Lovelybooks für das Rezensionsexemplar und die schöne Leserunde.