Der Reisende – Ulrich Alexander Boschwitz

Der Reisende - Ulrich Alexander Boschwitz

Die Handlung

Im November 1938 zieht sich die Schlinge für Juden in Deutschland immer enger zu. Otto Silbermanns Freunde und Verwandten sind bereits zahlreich verhaftet oder verschwunden. Otto Silbermann steigt in den nächsten Zug und beginnt von nun an quer durch das Land zu reisen. Die Angst ist ein ständiger Begleiter.

Meine Meinung

„Der Reisende“ lässt meinen Puls höher Schlagen. Ständig auf der Flucht und Misstrauen jedem gegenüber. Dieses gehetzt sein spürt man beim Lesen. Ich las immer schneller und schneller und musste mich zu Pausen zwingen. Dies zeigt wie perfekt Ulrich Alexander Boschwitz die Stimmung von Otto Silbermann auf den Leser überträgt.

„Das deutsche Volk wird mit Judenblut zusammengeklebt.“
5%

Diese ständige Verfolgung ist schrecklich. Während Otto noch zu den Glücklichen gehört, die über ein gewisses Vermögen verfügen, stellt er schnell fest, dass man mit Geld keine Sicherheit kaufen kann.

Die Menschen haben Angst. Angst vor Juden. Aber noch viel mehr Angst davor was passiert, wenn sie helfen. Welche Auswirkungen hat es wenn sie erwischt werden, wie sie einem Juden helfen?

Der Reisende - Ulrich Alexander Boschwitz

Die Situation ist aussichtslos. Menschen werden verfolgt nur weil sie aufgrund einer zu großen Nase als Juden identifiziert werden. Menschen werden verfolgt weil sie Juden sind. Die Schwachsinnigkeit dahinter schreit zum Himmel.

„Mein Schwager zum Beispiel sieht auch etwas jüdisch aus, dabei ist er natürlich Arier, doch das muss er nun alle Augenblicke erklären und nachweisen. Das kann man keinem Menschen auf die Dauer zumuten.“
2%

Gleichzeitig spürt man diese  Hoffnungslosigkeit. Wie hätte man selbst reagiert? Alles riskieren, um einen Fremden zu schützen?

Deshalb lasst uns unsere Stimme erheben bevor es zu spät ist. Jeden Tag auf Ungerechtigkeiten hinweisen, damit diese nicht zur Normalität werden.

Die Entstehungsgeschichte

„Der Reisende“ hat eine sehr spannenden Entstehungsgeschichte. Ulrich Alexander Boschwitz wird 1915 in Berlin geboren und emigriert 1935 nach England.

Erstmals ist das Buch 1939 in England veröffentlich worden. In einem Brief an seine Mutter im Jahre 1942 hält Boschwitz fest wie es mit „Der Reisende“ weitergehen soll. Die angekündigten Überarbeitungen des Manusskripts werden nie gefunden.

1942 befindet sich Ulrich Alexander Boschwitz in einem britischen Passagierschiff. Dieses wird von einem deutschen U-Boot torpediert und Boschwitz stirbt.

Peter Graf hat sich nun mit viel Feingefühl daran gemacht „Der Reisende“ zu überarbeiten. Dies ist sehr gut gelungen und ich bin dankbar, dass das Buch so nun einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Fazit

★★★★★

Selten hat sich die Stimmung eines Charakters so gut auf mich übertragen. Wenngleich es vermessen wäre zu behaupten, diese schrecklichen Gefühle in all ihrer Grausamkeit nachvollziehen zu können. Die Anspannung von Otto Silbermann ging auf mich über. Beinahe ist man froh wenn die Reise bzw. das Buch zu Ende ist und man als Leser endlich wieder durchatmen kann.

Eine mitreißende Geschichte über einen Juden, der sich seinem Schicksal nicht beugen will. Die verzweifelte Suche nach einem Ausweg und das Packen des letzten Funken Hoffnung. Für „Der Reisende“ gibt es von mir eine absolute Leseempfehlung.

Danke Kerstin, dass du mich auf das Buch aufmerksam gemacht hast. Danke NetGalley und Klett-Cotta Verlag für das ebook.

4 Replies to “Der Reisende – Ulrich Alexander Boschwitz”

  1. Wider das Vergessen - Challenge * lesefreude says: Mai 6, 2018 at 8:09 pm

    […] Boschwitz, Ulrich Alexander – Der Reisende […]

  2. Kerstin von KeJas-BlogBuch says: Juli 5, 2018 at 5:45 am

    Hallo liebe Sabrina
    nun komme ich auch endlich mal deine Rezension lesen und ja, du hast mich wieder in das Buch katapultiert. Diese ständige Angst die die Menschen umgab kommt irre gut rüber. Man spürt es so sehr und will hineinschreien ‚tut doch endlich etwas!‘. Es schockiert mich immer wieder aufs Neue wie diese Menschen allein gelassen wurden und wie viele sich bereichert haben an dem Unglück anderer. Was eine abartige unmenschliche Zeit. Der Autor hat es so sehr getroffen, dabei konnte er vieles nur erahnen, so traurig was Menschen sich antun.
    Liebe Dank für die Verlinkung.
    Hab eine gute Zeit. Herzliche Grüße Kerstin

    1. admin-lesefreude says: Juli 6, 2018 at 7:54 am

      Hallo Kerstin!

      Es ist faszinierend wie Ulrich Alexander Boschwitz die Ereignisse vorhergesehen hat. Diese Beklemmung, die Angst vor allem und jeden schnürt mir noch jetzt den Hals zu. Vor allem wenn man sich in Erinnerung ruft, dass alle immer auf der Hut waren, wem sie verraten konnten und wer gerade zu sieht.

      Liebe Grüße
      Sabrina

      1. Kerstin von KeJas-BlogBuch says: Juli 6, 2018 at 5:29 pm

        Absolut Sabrina, eine Zeit in der man nicht mal seinem Partner oder den eigenen Kindern trauen konnte. Heftig

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