570 km nach Kerman – Iran – Tag 8

Die Freitagsmoschee in Neyriz

Um 8:30 Uhr starten wir die lange Fahrt nach Kerman. Ganze 570 Kilometer wollen wir heute von Shiraz bis nach Kerman zurücklegen. Am Kiosk decken wir uns mit Reiseproviant ein. Wir kaufen Kekse für die Teepausen und alles für ein Picknick zu Mittag.

Ein Kiosk im Iran

Der Kiosk ist liebevoll eingerichtet. Sehr klein, findet man hier dennoch alles. Von gekühlten Getränken, über Joghurtdrinks und eingelegten Oliven bis hin zu diversen Nüssen und Spielzeug. Und sollte das Auto Probleme machen, gibt es gleich nebenan eine Werkstatt mit einer Montagegrube und Handwerksbedarf. Ein Rund-um-Sorglos Kiosk sozusagen.

Sassanidischer Kuppelpalast in Sarvestan

Nach circa 80 Kilometer machen wir Halt in Sarvestan. Hier steht der sassanidische Kuppelpalast vermutlich von Bahram II. Da es ein Sommerpalast ist, sind die Kuppeln nach oben hin offen. Dies sorgt für eine bessere Durchlüftung, da die Wärme entweichen kann. Und das merkt man auch an den recht angenehmen Temperaturen. Der Palast ist aus Kalkgestein. Man sieht immer wieder Holz in den Wänden, das zum Stabilisieren verwendet wurde.

Sarvestan - Die Hitze kann durch die offenen Kuppeln entweichen

Der Palast ist gut erhalten, wenn auch nur mehr zwei Kuppeln zu sehen sind. Auch einen Feuertempel gab es hier. Die großen Räume sind zum Feiern gedacht. Es ist unbedingt zu empfehlen die Toiletten aufzusuchen. Nicht etwa weil man auf dem langen Weg von Shiraz nach Kerman nicht so oft die Geglegenheit dazu hat oder diese hier besonders schön sind. Nein, es ist der fantastische Anblick auf Sarvestan, den man vom WC beziehungsweise auf dem Weg zurück zum Kuppelpalast genießt. Man sieht beide noch erhaltenen Kuppeln frontal.

iran - Sarvestan

Kleine Stopps

In dem kleinen Dorf Kachuyeh machen wir eine Teepause mit den Keksen aus dem Kiosk. Im Park gibt es einen künstlichen Wasserfall. Kinder toben herum und die Menschen, Männer wie auch Frauen, genießen die schöne Atmosphäre im Park.

Teepause in eniem Park in Kachuyeh

Am Bakhtegan Salzsee machen wir einen Fotostopp und genießen den Ausblick. Auf dem Kalkgestein Bergen rundherum sieht man rote und gelbe Flecken. Dies sind unterschiedliche Eiseneinschlüsse, die in hohem Anteil in der Erde vorkommen. Es handelt sich um Vulkangestein. Durch den Vulkan wurde Kalk gebrannt, was zu Marmorvorkommen führt.

Bakhtegan Salzseen

In der Freitagsmoschee Neyriz

In Neyriz besuchen wir die Freitagsmoschee. Der Zusatz Freitag, bedeutet, dass es ein große, wichtige Moschee ist. Ein bisschen vergleich kann man das mit einer Kathedrale oder einem Dom. Bei unserem Besuch findet gerade das Mittagsgebet statt. Nur eine Handvoll Männer nimmt daran teil. Darunter einige Kinder.

Auf dem hohen Stuhl sitzt ein Junge, der durch das Mikrofon Anweisungen gibt, damit die Betenden wissen was zu tun ist. Es wirkt beinahe wie eine Choreografie. Der  Imam sitzt in Neyriz auf gleicher Höhe wie die Gläubigen. Der tiefergelegte Platz, der ursprünglich für den Iman bestimmt ist, befindet sich hinter einer circa 1,5 Meter hohen Glasabsperrung. Die Freitagsmoschee in Neyriz stammt aus dem 11. Jahrhundert und die Mehrab beziehungsweise die Gebetsnische ist ein kunstvolles Meisterwerk. Im Gegensatz zu den farbenprächtigen Moscheen der letzten Tage, gibt es hier keine Farben, dafür aufwendige Stuckarbeiten.

Die Freitagsmoschee in Neyriz

Da die Moschee nicht direkt nach Mekka ausgerichtet ist, wie man erst nach dem Bau feststellte, sitzen die Gläubigen etwas schräg. Die spitz zulaufenden Torbögen heißen Iwan. Hier gibt es zwei Iwans, in manchen Moscheen sogar vier.

Den Eingang der Moschee säumen Gedenkbilder von Märtyrern aus dem im Iran-Irak-Krieg. Denn auch in der kleinen 113.000 Einwohner Stadt Neyriz fielen jede Menge junge Männer.

Nachdem Gebet kommt der Imam zu uns. Wir stehen fasziniert vor einer Schüssel voller runder Tonscheiben. Der Imam erklärt, dass man darauf beim Gebet den Kopf beziehungsweise die Stirn liegt. Denn aus Ton ist der Mensch entstanden und zu Ton wird er wieder. Oder handelt es sich um einen Übersetzungsfehler und er meinte eigentlich Erde? Das Auflegen des Kopfes auf den Ton wird nicht nur aus Hygienegründe praktiziert, sondern vor allem um sich zu fokussieren und Ablenkungen zu minimieren. Beim Beten Richtung Mekka müssen 7 Punkte (beide großen Zehen, die Knie und Ellbogen, sowie die Stirn) den Boden berühren.

Der Krieg aus Sicht eines Imam

Der Imam erzählt uns viel und unser Reiseleiter übersetzt fleißig. Heute jährt sich der Tag (24.5.2017) an dem der Iran Khorramshahr gegen den Irak zurückeroberte zum 35 Mal. Damals wurde gegen Saddam Hussein und 25 Nationen gekämpft.

Mit einem freundlichen Lachen erzählt der Imam, dass die Iraner keine Angst vor den USA haben. Der Iran ist an Frieden interessiert und unabhängig von den USA.

Der Imam erzählt weiter, dass er nicht glaubt, dass 6 Millionen Juden im Holocaust getötet wurden. Immer wieder merkt man beispielsweise an diversen Kunstwerken die starke Abneigung gegen Israel. Wieso der Imam nun allerdings den Holocaust klein redet oder beinahe verleugnet kann ich nicht nachvollziehen.

Auf dem Weg nach Kerman

Die Frau des Imam gesellt sich zu uns und hört interessiert zu. Mehrfach lädt uns der Imam zum Tee ein. Wir lehnen jedoch dankend ab, haben wir ja bereits unser Picknick in der Früh gekauft. Außerdem kann man nie so genau sagen, ob es sich dabei nicht nur um Taarof handelt.

Die Frau des Imam hat uns neugierig gemacht. Als wir wieder alleine sind, wollen wir von unserem Reiseleiter wissen, wie viele Ehefrauen im Iran üblich sind. Er berichtet uns, dass es grundsätzlich erlaubt ist mehrere Frauen zu heiraten. Allerdings muss man für diese Frauen dann auch sorgen. Viel mehr kritisiert unser Reiseleiter das Leben mit mehrere Frauen stark und erzählt, dass in seiner ganzen Familie alle Männer nur eine Ehefrau haben.

Picknick in Neyriz

Da es bereits 14 Uhr ist, fahren wir zu einem Park in Neyriz und nehmen unser Picknick ein. Heute gibt es Brot, Thunfisch, Gemüse und Käse. Neben vielen Spielgeräten gibt es hier auch ein Freilichtkino in dem oft gemeinsam Fußballspiele geschaut werden.

Picknick im Kino im Park von Neyriz

Die lange Fahrt nach Kerman

Die lange Fahrt nach Kerman geht weiter. Wir fahren auf langen, geraden Straßen und sehen in der Ferne  Hügel und Berge. Grüne, niedrige Büsche von circa 20 bis 30 Zentimeter Höhe zieren die Landschaft. Die Landschaft erinnert mich stark an die Routa 40 in Argentinien, nur mit mehr Autos und deutlich wärmeren Temperaturen.

Ein Straße auf dem Weg nach Kerman, die man an die Routa 40 in Argentinien erinnert

Wir bleiben wieder an einem kleinen Kiosk stehen. Hier gibt es das original thailändische Red Bull. Wir können nicht widerstehen und müssen es natürlich probieren. Es schmeckt beinahe so wie unser österreichisches Red Bull nur mit weniger Kohlensäure. Ich merke auch direkt die aufputschende Wirkung, wenn man Red Bull so gut wie nie trinkt.

Direkt an der Straße, rund 90 Kilometer vor Kerman, bleiben wir in einer alten, verlassenen Karawanserei stehen. Ich kann noch die Kamel riechen. Es könnte allerdings auch von dem vielen Mühl kommen, der hier herumliegt. Eine Stiege führt aufs Dach. Wir werfen einen Blick raus betreten das Dach aber nicht, da es nicht mehr sehr stabil aussieht. Die Kuppeln der Karawanserei sind oben ebenfalls offen, damit die Hitze entweichen kann.

Rund um den Iran – Einblicke in das Leben

Die restliche Fahrt nutzt unser Reiseleiter um uns allerlei Wissenswertes über das Leben im Iran zu erzählen.

Zum Leben in Teheran benötigt man für 2 Personen circa 1500 € pro Monat. Für eine 70 Quadratmeter Wohnung muss man ungefährt 700 € Miete zahlen. Das Gefälle in Teheran von Norden nach Süden ist extrem. Im reichen Norden mit seinen großen Wohnungen zahlt man locker Mieten von mehreren 1000€.

Von 5 bis 7 können Kinder in den Kindergarten gehen. Ab 7 Jahren ist Schulpflicht. Die Schulpflicht dauert 10 Jahre. Wer gute Noten hat, kann danach an die Uni gehen. Die staatlichen Unis sind kostenlosen, nehmen allerdings nur etwas 40% der Studenten. Die restlichen 60% der Studenten gehen an private Unis. An privaten Unis muss circa 500 € pro Semester bezahlt werden. Die staatlichen Unis haben ein höheres Niveau.

60% der Studierenden sind weiblich. Frauen gehen arbeiten, bleiben aber später meistens für die Kinder zu Hause. Durchschnittlich hat eine junge Familie ein Kind. Bei privaten Feiern in der Familie ist es normal, dass Frauen ihre Kopftücher ablegen. Selbst wenn Männer anwesend sind.

Der Iran ist bereits wesentlich westlicher geprägt als seine Nachbarstaaten. Rund um den Iran sind viele Länder in einer instabilen, politischen Lage (Pakistan, Irak, Afghanistan,…). Selbst bei den Protesten 2009 ging es den Iranern nie darum eine Revolution auszulösen. Die Iraner wollen Frieden und Streben nach größerer Freiheit.

Der Staat gibt diverse Unterstützungen beispielsweise wenn jemand zu wenig verdient oder arbeitslos ist. Für die Bauern am Land gibt es Förderungen, wenn Grundnahrungsmittel angebaut werden. Nach 30 Jahren Arbeit kann man in Pension gehen.

Willkommen in Kerman

Wir kommen gegen 19:30 Uhr in unserem Hotel Akhavan in Kerman an. Wir werden sehr überschwänglich begrüßt und es gibt leckere Kekse.

Kekse zur Begrüßung im Hotel Akhavan

Bereits beim Hinaufgehen zum Zimmer in den dritten Stock ohne Lift merkt man, dass das Hotel seine besseren Jahre bereits mehrere Jahre hinter sich hat.

Wir haben getrennte Betten. Das Bad ist widerlich. Es ist zu überlegen ob man beim Duschen sauber wird oder alles nur noch schlimmer macht. Ich werde mich hier auf Katzenwäsche konzentrieren. Durch das ständige tragen des Kopftuches sind meine Haare perfekt vor der Sonne geschützt und so schön wie schon lange nicht mehr. Außerdem fetten sie nicht so schnell.

Abendessen gibt es direkt im Hotel. In unglaublichem Tempo wird alles mögliche serviert. Salat, Suppe und Kartoffelpuffer, diverse Eintopfgerichte, Kebab und abschließend Kekse. In Ordnung, aber es war schon mal besser.

Den morgigen Nachmittag haben wir zur freien Verfügung. In einem Anflug von für uns unbegründeter Fürsorglichkeit ist dem Reiseleiter nicht wohl bei dem Gedanken uns alleine durch Kerman streunen zu lassen. Eine Begründung bleibt allerdings erstmal aus.

Abendessen im Hotel Akhavan in Kerman - Iran

Wir gehen nochmal raus und erkunden die nähere Umgebung.  Wir befinden uns in einem modernen, jungen Viertel. Alle Menschen, die uns begegnen und vor allem die Frauen sehen super schick aus.

Nach einem ausgiebigen Spaziergang bleiben wir noch etwas in der Lobby, um im Internet zu surfen. Das WLAN auf dem Zimmer funktioniert leider nicht. Dabei kommt ein anderer Reiseleiter auf uns zu und lässt uns Lavashak, eine iranische Süßigkeit, kosten. Es sieht aus wie ein gepresstes Blatt Apfelmus. Es schmeckt sehr intensiv und super lecker.

Bei Susan von Labsalliebe habe ich ein einfaches Rezept zum Nachkochen von Lavashak gefunden. Im Beitrag verwendet sie Pflaumen. Ich bin mir aber sicher, dass man das mit allen anderen Früchten ebenfalls nachkochen kann. Selbst habe ich es noch nicht ausprobiert. Aufgrund der Unmengen an Zwetschken, die gerade im Garten wachsen, probiere ich es vielleicht aus. Lavashak erfreut sich auch in unseren Kreisen immer größerer Beliebtheit, da es eine super vegane Naschalternative ist.  Eingedeutscht heißt das ganze dann Fruchtleder.

Meine Iran Rundreise

Wissenswertes zum Iran bei Lesefreude

Bücher zum / im Iran

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