Die Schweigetürme und das Zurkhaneh von Yazd – Iran – Tag 10

Karawanserei Zein-o-Din im Iran

Um 9 Uhr geht es los Richtung Yazd. Die Strecke von Kerman nach Yazd beträgt 370 km. Da das Hotel Akhavan keinen Lift hat, stehen kurz vor 9 Uhr die Kofferträger vor der Tür und bringen unser Gepäck in den Bus.

Entdeckungen entlang der Autobahn

Auf der Fahrt machen wir an einem Pistazienfeld direkt an der Autobahn halt. Die Pistazien wachsen auf ca 1,5 Meter hohen Sträuchern. Jetzt im Mai ist die Schale noch ganz weich. Ähnlich wie bei der Walnuss bildet sich die weiche Schale zurück und es entsteht dann eine harte Schale.

Pistazien im Iran

Kurz darauf halten wir erneut an der Autobahn. Wagemutig überqueren wir die Autobahn zu Fuß. Es ist nicht viel los und der Streckenabschnitt ist eine ewig Gerade. In der Mitte der Autobahn sehen wir uns auf dem circa 100 Meter breiten Streifen, der die beiden Richtungsspuren trennt, ein Qanat an.

Die kleinen Hügel verraten Wissenden, dass hier ein Qanat verläuft. Ein Qanat ist ein in Wüstengebieten übliches System um Frisch- und Nutzwasser unterirdisch zu transportieren. In der Mitte jedes dieser Hügel sieht man ein Loch von circa 50 Zentimeter Durchmesser. Teilweise bis zu mehrere hundert Metern tief wurde gegraben um an das Wasser zu gelangen. Durch die Belüftung und Wartungsschächte entsteht ein Luftdruck der notwendig ist, um das Wasser zu befördern. Doch wie diese Art der Wasserbeförderung genau funktioniert, liest du am besten auf Wikipedia oder Co nach. Dort wird das traditionelle System, das circa 2000 v. Chr. erfunden wurde, anschaulich erklärt.

Überqueren der iranischen Autobahn

Dass der Mittelstreifen zwischen den beiden Fahrtrichtungen einer Autobahn, so wie hier, circa 100 Meter breit ist, ist keine Seltenheit im Iran. Die weitläufige Landschaft bietet mehr als genug Platz, um die Straßen so zu bauen. Dadurch soll die Sicherheit erhöht werden bzw. Unfälle vermieden werden.

Mittagessen in der Karawanserei

Zu Mittag machen wir an der Karawanserei Zein-o-Din Halt. Für 200.000 Rial (circa 5 €) dürfen wir alles besichtigen und es gibt ein kleines Picknick mit Brot, Käse, Wassermelone und Tee. Die Karawanserei ist aufgrund des runden Grundrisses einmalig. Sie wurde liebevoll restauriert und wird auch heute noch als Hotel genützt. Wenngleich heute Reisende und Touristen im Vordergrund stehen und keine Karawanen mit Kamelen.

Karawanserei Zein-o-Din im Iran

Möchte man eine der vielen alten Karawansereien restaurieren, geht dies mit Hilfe des Kultusministeriums. Alle 5 bis 10 Jahre muss dann um eine Verlängerung für den Betrieb angesucht werden. Diese wird im Normalfall genehmigt, allerdings muss dafür bezahlt werden. Auf diese Weise sollen die Betreiber und auch der Staat profitieren.

Eine kleines, tapsiges Katzenbaby verzückt die Besucher in der Zein-o-din Karawanserei. Der Betreiber erzählt uns, dass die Katzenmutter die Geschwisterchen getötet hat, bevor sie selbst von einem Auto überfahren wurden. Nun kümmert sich der Betreiber und sein Junge um das Waisenkätzchen.

Katzenbaby in der Karawanserei im Iran

Schweigetürme und Zorastiker in Yazd

Im Iran und speziell rund um Yazd leben viele Zorastiker. Ahura Mazda ist ein Symbol der Zorastiker. Er steht für Gutes denken, Gute sprechen, Gutes tun.

Im Zoroastrismus müssen die vier Elemente – Erde, Feuer, Wasser, Luft –  rein gehalten werden. Deshalb dürfen Verstorbene weder verbrannt noch begraben werden. Der Leichnam wird auf einen sogenannten Schweigeturm gebracht. Auf diesen Türmen gibt es eine Plattform auf der sich wiederum eine kleine Grube befindet. Dort wird der Leichnam abgelegt und die Geier fressen das Fleisch. Die übrig bleibenden Knochen bleiben in der Grube auf dem Schweigeturm zurück.

Auf dem Schweigeturm in Yazd

Seit Ende der 60iger Jahre ist dies Bestattungsform aus Hygienegründen verboten. Und bei aller Offenheit gegenüber anderen Religionen stelle ich es mir schlicht widerlich vor, wenn ein Geier im Davonfliegen wiedermal ein Stückchen fallen lässt und es kleine Menschenteile vom Himmel regnet.

Deshalb gibt es nun in der Nähe der Schweigetürme eine Art Friedhof. Damit der Leichnam jedoch nicht die Erde verunreinigt, wird eine Art Betonsarg in die Erde eingelassen. Durch kleine Löcher können Mäuse und Co in den „Sarg“ eindringen und übernehmen nun das Auffressen des Leichnams. Auf diese Weise wird die Erde weiterhin rein gehalten.

Schweigetürme der Zorastiker in Yazd

Durch die Altstadt von Yazd

Wir schlendern durch die verwinkelten Gassen der Altstadt von Yazd. Lediglich die Altstadt in Yazd ist noch aus Lehm. Unseren Rundgang starten wir beim Alexander Gefängnis. Alexander der Große hat hier angeblich achämenidische Gefangene festgehalten. Heute sind dort diverse Handwerksbetriebe untergebracht.

Alexander Gefängnis in Yazd im Iran

Beim Schlendern durch die Stadt entdecken wir immer wieder Abgänge zum Qanat. Meist wird bei den Abgängen Wasser zur freien Entnahme aus einer nach oben geführten Leitung zur Verfügung gestellt.

Jameh Moschee

Die Jameh Moschee oder Freitagsmoschee ist wunderschön und ist noch in Betrieb. Vor der Moschee bietet mich ein Soldat in Camouflage Uniform ein Foto von ihm und seine Kameraden mit seinem Handy zu machen. Ein toller Kontrast vor der türkis-blauen Moschee. Allerdings auch ein verbotenes. Schließlich haben wir bereits am ersten Tag am eigenen Leib erfahren, dass Polizei und Militär nicht fotografiert werden dürfen. Doch das interessiert hier niemand und die Jungs freuen sich über ihr Foto. Der Iran zeigt sich einmal mehr von seiner offeneren, moderneren Seite.

Menschen suchen eine Abkühlung unter der Hauptkuppel in der Jameh Moschee. Sie machen ein Nickerchen oder plaudern leise mit Freunden. Ich finde es schön, dass die Moschee auch abseits von Gebeten genutzt wird. Es herrscht eine entspannte, fröhliche Atmosphäre.

Jame Moschee, Freitagsmoschee in Yazd

An den Wänden sieht man noch ganz alte, lediglich in Ton gedrückte Muster. Die Jameh Moschee wurde im 12 Jahrhundert an der Stelle eines Feuertempels gebaut.

Haus der Kraft – Zurkhaneh

Nachdem wir gestern in den Lehmzitadellen von Ryan bereits eine sehr altes Zurkhaneh gesehen haben, sehen wir heute eines in vollem Betrieb. Durch eine kleine Tür und enge Stufen steigen wir in das Zurkhaneh hinter. Dort müssen wir natürlich wieder einmal die Schuhe ausziehen.

Die Sportler oder Kämpfer befinden sich in der Vertiefung in der Mitte. Rundherum sind Sesseln aufgestellt. Auf einer Art Podest befindet sich der Trommler, der zusätzlich Heldensagen in ein Mikrofon singt.

Zurkhaneh in Yazd im Iran

Der hier ausgeübte Kraftsport wurde entwickelt, um die Kämpfer für einen Krieg vorzubereiten. Die Muskeln werden gestärkt und der Tanz macht beweglich. 50 bis 60 Kilogramm schwere Keulen schwingen die Kämpfer locker durch die Gegend.

Das Zurkhaneh in Yazd wurde auf ein ehemaliges Wasserreservoir gebaut. Bevor wir das Zurkhaneh wieder verlassen, gehen wir noch einen Stock tiefer in den Keller. Bei einem Blick in die Tiefe sehen wir allerdings kein Wasser mehr.

Die Besonderheiten von Yazd

Yazd ist die wohlhabendste Stadt im Iran. Die Lehmstadt wird von Windtürmen geprägt. Unter den Windtürmen befindet sich Wasser. Der entstehenden Luftzug sorgt für Abkühlung.

Nakhl Holzgerüst in Yazd

Die Nakhl Holzgerüste für das Ashura-Fest sind ebenfalls eine Besonderheit aus Yazd. Eines dieser riesigen Holzgestelle steht vor der Vier-Iwan-Moschee, von der nur mehr die Fassade erhalten ist. Das schwere Nakhl wird beim Ashura-Fest festlich mit Blumen geschmückt und von mehreren Männern durch die Stadt getragen.

Nach dem Abendessen fahren wir ins Traditional Dad Hotel eine ehemalige Karawanserei. Liebevoll wurde diese restauriert und hat einen tollen verträumten Charme. In dem fast schon kitschig schönen Innenhof würde ich gerne mehr Zeit verbringen. Leider sind wir nur eine Nacht hier. Denn auch die Zimmer sind hübsch und die Duschen okay. Sehr schön nach dem dem Badezimmer in Kerman. Doch bevor es ins Bett geht werden wir noch auf das Dach gelassen und genießen den Rundblick über die Stadt.

Karawanserei in Yazd bei Nacht

Meine Iran Rundreise

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